28. September 2009
Man ist nicht objektiv, wenn man zu einer „Minderheit“ gehört. Man kann vielleicht auch nicht klar denken, wenn man sich angegriffen fühlt. Wenn Menschen, die man gut kennt und schätzt, einfach so über einen Kamm geschoren werden, über sie gelacht und mit dem Finger auf sie gezeigt wird. Born in G.D.R. Das werde ich nie verhehlen. Es ist keine Auszeichnung, keine Errungenschaft, aber auch nichts, für was ich mich schäme.
Ich gebe zu, ich gerate in Verzückung, wenn ich im Kaufland „Tempolinsen“ oder „Bambina-Kokos“ entdecke. Ostalgisch? Vielleicht ein wenig. Weil es nicht so einfach war, über Nacht eine ganz neue Identität anzunehmen. Weil auf einmal alles falsch schien, was vorher kaum in Frage gestellt wurde. Wie auch, von einer unreifen 13-jährigen.
Ich bin heilfroh, das alles so gekommen ist, wie es ist, ich hätte niemals den Beruf lernen können, der mir heute soviel bedeutet und hätte weniges von dem, was mir heute selbstverständlich ist, erleben können. Trotzdem war es ein gewaltsamer Schubs, ein großer Stolperer in eine komplett neue Welt und viele haben diesen Schluckauf nie ganz wegstecken können.
Warum zeigt man dann jetzt mit Fingern auf Alte, die unpolitisch geworden sind, weil sie erfahren mußten, das Idealismus nichts zählt und die resigniert haben, bei aussterbenden Städten und Perspektivlosigkeit.
Warum zetert man, über die Doofheit der jungen Sachsen und Thüringer, weil dort die NPD Stimmen gekriegt hat. Natürlich ist das besorgniserregend, aber müßte man sich nicht fragen WIESO?, Könnte es nicht ein ohnmächtiges Protestwählen sein, weil man sich alleingelassen fühlt und händeringend nach Sündenböcken sucht, weil man sich sein eigenes Scheitern nicht erklären kann?
Niemand sollte Rechts wählen, aber dieses erhabene „Dududu“ mit erhobenen Zeigefinger kotzt mich an. Alles hat zwei Seiten.